Gemeinschaftsschule Wanzleben
im Gespräch mit Schulleiter Steffen Armgart
Steffen Armgart leitet seit circa 3 Jahren die Ganztags- und Gemeinschaftsschule in Wanzleben. Im Interview spricht er von Seiteneinsteigern, Blockunterricht, eigenen Wegen und der großen Vorfreude auf den Umzug in ein modernisiertes Schulgebäude – in dem viele Ideen des Kollegiums verwirklicht werden konnte.
Herr Armgart, viele Ganztagschulen beklagen, dass sie im Rahmen von Schulneubauten und -sanierungen im Vorfeld zu wenig eingebunden wurden und damit Potentiale moderner Schulkonzepte verschenkt werden. In Wanzleben ist man aber einen anderen Weg gegangen?
Wir mussten uns tatsächlich nicht erkämpfen, bei den Umbauplänen mit einbezogen zu werden. Der Landkreis hat mich als Schulleiter selbst angesprochen und dafür mit ins Boot geholt. So konnten auch Wünsche wie Lerninseln und Lernwerkstätten geäußert werden, die bei der Sanierung des Schulgebäudes nun Berücksichtigung finden. Auch was den Neubau zwecks der technischen Ausstattung betrifft, haben Eltern und Schüler- vertreter, sowie meine Kolleginnen und Kollegen Wünsche geäußert, die sich im Rahmen der räumlichen und finanziellen Möglichkeiten sowie in realistischer Anlehnung an die Lehrpläne im Medienkonzept wiederfinden. Dabei haben wir es auch genutzt, an anderen Schulen wie „Quer-Bunt“ in Querfurt oder Gutenberg in Wolmirstedt zu hospitieren, um allgemein Anregungen für uns als Schule und unsere Entwicklung zu bekommen. Dabei ist es für uns und die Weiterentwicklung des Schulkonzepts wichtig, dass wir Good-Practice im Beobachteten nicht eins zu eins übernehmen, sondern dieses und jenes an unsere Schülerinnen und Schüler und uns als Kollegium individuell verändern und anpassen.
Ein modernes Schulgebäude haben Sie damit bald. Gelebt wird bei Ihnen „moderne Schule“ aber bereits…
Richtig. Für eine gute Schule muss man nicht auf ein neues Schulgebäude warten. Vieles ist eine Frage von Teamzusammenhalt, Wertschätzung und Haltung, Mut sowie positiver Fehlerkultur. Das alles fließt in unseren Schulalltag ein. Die grundsätzliche Vision von unserer Schule als Ganztagsschule ist es, unsere derzeit etwa 400 Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf das Leben vorzubereiten, und zwar so, dass jeder entsprechend seiner Fähigkeiten erfolgreich sein kann. Unsere Schule hat sich dabei ihren eigenen Weg gebahnt. Wir haben im Kollegium unser individuelles Verständnis von guter Schule und gutem Ganztag entwickelt und entwickeln es kontinuierlich weiter. So wie wir es als am besten für die Schülerinnen und Schüler in Bezug auf Lernort und Lebenswelt betrachten. Denn Schule ist in erster Linie für die dort Lernenden gedacht. Wenn das gelingt, fühlt man sich auch als Kollegium wohl und geht gerne zur Arbeit. Lern-, Schul- und Teamkultur sind ganz stark voneinander abhängig.
Was ist für die Ganztagsgestaltung denn bei Ihnen die größte Herausforderung?
Aufgrund von Corona mussten auch wir unser Ganztagsangebot zurückfahren. Es ist derzeit schwer, alte und neue Kooperations-partner (wieder) zu gewinnen, da es noch große Unsicherheiten gibt. Aber wir sind auf einem guten Weg, haben z.B. einen Imker gefunden und auch mit der Stadtbibliothek erste Absprachen getroffen. Trotzdem sind wir weiterhin auf der Suche nach verlässlichen Partnern, da aufgrund des Lehrkräftemangels auch bei uns zahlreiche Angebote reduziert werden mussten.
Der Lehrkräftemangel ist leider der größte Feind des Ganztags. Stolz sind wir darauf, dass einige Schülerinnen und Schüler eigenverantwortlich Angebote, wie z.B. Gitarre, anbieten. Und natürlich auch auf unser Mittagsband, in dem individuelle Lernzeiten und Förderangebote teilweise durch Schülermentoren umgesetzt werden.
Apropos Mittagsband – das ist bei Ihnen mit individuellen Lernzeiten und Förderangeboten gestaltet…
Genau. Wir haben eine 60-minütige Mittagspause. Dabei staffeln wir die unteren und höheren Klassen in zwei Gruppen, sodass erst die eine Hälfte das Mittagessen einnehmen kann, dann die andere. Parallel zum Mittagessen der einen Gruppe, haben die anderen zweimal pro Woche verpflichtend eine Lernzeit. >>>
Diese ist beispielsweise für die Erledigung schriftlicher und mündlicher Übungs- und Lernaufgaben, das Nachholen von versäumtem Unterrichtsstoff sowie Nachfragen zum Lernstoff gedacht. In verschiedenen Räumen sind hier Lehrkräfte aus unterschiedlichen Fächern eingesetzt, so dass jede Schülerin und jeder Schüler passende Hilfe bekommen kann. Vereinzelt unterstützen auch Schülermentoren der Klassenstufen 9 und 10 die Lernzeit für die unten Jahrgangsstufen 5 bis 7. Und nicht zu vergessen: Im Mittagsband finden ergänzend zu den Angeboten am Nachmittag weitere Arbeitsgemeinschaften wie z.B. Zeichnen, Yoga oder unsere Schülerband statt.
Und auch die Seiteneinsteiger fühlen sich an Ihrer Schule wohl…?
Auf jeden Fall. Die Resonanz im Kollegium und bei den Schülerinnen und Schülern ist super. Wir haben für ein gutes Ankommen eine Art Mentoring eingeführt, da wir sie langfristig als Kollegen halten möchten und nicht in den ersten Monaten verbrennen wollten. Ein gutes Ankommen und die Sicherheit, eine vertrauensvolle Unterstützung an der Seite zu haben, sind hier sehr wichtig. Wir ermöglichen das, indem wir Hospitationen bei anderen Lehrenden anbieten und jeder Seiteneinsteiger eine feste Fachlehrkraft zur Unterstützung erhält.
In diesem Schuljahr hat Ihre Schule auf Blockunterricht umgestellt. Eine Veränderung, die in vielen Kollegien für Bedenken und Unruhe sorgt. Was hat Sie dazu bewegt?
Der 90-Minuten-Blockunterricht bietet uns mehrere Vorteile. Zum einen kann in den Fächern abwechslungsreicher, intensiver und konzentrierter gearbeitet werden. Er bietet den notwendigen Rahmen für mehr eigenverantwortliche Unterrichtsmethoden, so dass wir individueller auf vorhandene Unterstützungsbedarfe eingehen können. Zweitens entlasten sich damit auch die Kolleginnen und Kollegen, die weniger gehetzt in die Stunden gehen und sich auch auf weniger Klassen und Themen vorbereiten müssen. Drittens kann auch in den Fächern mit nur einer Wochenstunde intensiver gearbeitet werden, da sie durch die eingeführten A- und B-Wochen nun ebenfalls eine Doppelstunde haben. Natürlich gab es im Kollegium Skepsis und Bedenken, so dass wir die Einführung immer wieder verschoben hatten. Corona bot uns hier eine Chance, da wir den Distanz- unterricht der Einfachheit halber nach Blöcken organisiert hatten. Das System haben wir nun beibehalten und die Vorteile sind schnell deutlich geworden. Auch die Schulrucksäcke sind leichter geworden…
Und für die Weiterentwicklung in den kommenden Jahren gibt es sicherlich einige Ideen?
Ja, wir werden noch in diesem Schuljahr das fächer- und klassenübergreifende Lernen für die Klassenstufen 9 und 10 einführen. Hierzu machen sich die Kolleginnen und Kollegen bereits Gedanken zu Projektthemen und Umsetzungs- möglichkeiten. Perspektivisch wollen wir auch die Wochenplanarbeit in den Klassen 5-8 in Richtung fächerübergreifendes Projektlernen weiterentwickeln. Und mit dem neuen Schulgebäude und der vorhandenen IT-Infrastruktur ist auch das Thema Digitalisierung natürlich präsent. Hier orientieren wir uns an unserem gemeinsam entwickelten Medienkonzept. Die Umsetzung wäre in 45 Minuten Einheiten so kaum möglich gewesen.
Herzlichen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg weiterhin und freuen uns über eine Einladung in das neue Schulgebäude.