GANZ

TAGS

STARK

IN SACHSEN-ANHALT

GANZTAGS-GEMEINSCHAFTSSCHULE „THEODOR FONTANE“ IN ARENDSEE

im Gespräch mit Schulleiter Thomas Schlicke

Die Gemeinschaftsschule in Arendsee darf sich seit diesem Schuljahr zum Kreis der Ganztagsschulen zählen. Im Interview berichtet Schulleiter Thomas Schlicke, wie es gelungen ist, in kurzer Zeit ein lokales Netzwerk für Arbeitsgemeinschaften aufzubauen und eine Beteiligung von fast 90 Prozent der Schülerschaft zu erreichen.

 

Herr Schlicke, Ihre Schule ist erst seit diesem Schuljahr Ganztagsschule und dennoch können Sie schon zahlreiche Arbeitsgemein-schaften anbieten. Wie haben Sie das geschafft?

Insgesamt haben wir in diesem Schuljahr 29 Kurse im Ganztagsangebot. Vier davon sind Wochenprojekte, die anderen 25 finden wöchentlich statt. Dahinter verbirgt sich vor allem eines: Viel Engagement in der Netzwerkarbeit des Kollegiums. Schon im Sommer haben wir angefangen, erste mögliche Kooperationspartner hier in Arendsee und Umgebung anzusprechen und wir trafen glücklicherweise auf zahlreiche offene Ohren, obwohl noch nicht einmal schwarz auf weiß feststand, ob wir als Ganztagsschule überhaupt bestätigt werden. Und heute laufen tatsächlich alle Kurse – von den aktuellen Corona-Einschränkungen natürlich einmal abgesehen.

Wie viele Schülerinnen und Schüler haben sich denn für die Ganztagsangebote angemeldet?

Das Feedback – sowohl von Eltern als auch von der Schülerschaft selbst – war sensationell. Von unseren insgesamt 245 Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 5 bis 10 haben sich 214 für die Ganztagsangebote verbindlich angemeldet. Von ihnen haben sich Zahlreiche auch mehrere Kursangebote gewählt. Das macht uns stolz und zeigt, dass die so gestalteten Ganztagsangebote wirklich eine klare Bereicherung für alle darstellen.

Wie haben die Eltern auf die Änderung reagiert?

Die Gespräche mit den Eltern waren eine besonders positive Erfahrung für uns, auch wenn es vorher natürlich einige Bedenken gab, wie die Reaktionen sein würden. Wir haben uns dazu entschlossen, die Elternversammlungen jahrgangsweise an je einem Wochentag stattfinden zu lassen und in jeder das Ganztagsschulkonzept vorgestellt. So konnten wir sicher sein, dass alle Eltern wissen, was mit Ganztagsschule verbunden ist und dass es sich bei uns um ein offenes Konzept handelt, in dem wir empfehlen, dass die Kinder mindestens ein Kursangebot nutzen, aber es nicht müssen. Und siehe da: Unter den Eltern haben sich sogar auch noch Kursleitende gefunden! Eine Mutter sagte z.B. „Ich kann doch tanzen – ich mache einen Tanzkurs“ und inzwischen sind es sogar zwei, die sie anbietet. Und auch Großeltern bereichern nun den Ganztag. Beispielsweise findet dadurch dieses Schuljahr ein PC-Kurs statt, in dem auch mal der Aufbau und die Einzelteile vom Computer unter die Lupe genommen werden können. 

Die besondere Herausforderung war dann sicherlich die Organisation der Kursbelegung?

Die Kurslisten waren besonders spannend, denn wir mussten ja vorab schauen, was die Kids überhaupt wollen! Die Angebote finden dabei immer montags bis donnerstags verteilt statt und wir sind mit den Eltern so verblieben, dass die Kursbelegung immer für ein Schuljahr gültig ist, es sein denn, es wird zum Halbjahr mit jemandem getauscht. Und die spannende Frage war ja, wie wir bei zwei oder drei Anmeldungen alle Kurswünsche unter einen Hut bekommen, sodass für jedes Kind ein Angebot dabei ist, was es auch besuchen möchte.

Auch da waren wir sehr positiv überrascht. Wir haben die Angebote für das Schuljahr veröffentlicht und dann musste jede Schülerin und jeder Schüler einen Wunsch mehr angeben, als sie oder er Kurse möchte, sodass jeder einen Wunschkurs bekommen konnte. Das klingt jetzt vielleicht kompliziert, war es aber gar nicht.

Wie sind denn die Kurse bei den Schülerinnen und Schülern angekommen?

Wir haben zuerst, ohne dass wir es geplant hatten, selbstständig von einigen Kindern Rückmeldungen bekommen. Eine Kollegin hat dann von sich aus einen Umfragebogen entworfen, mit dem wir kursbezogen die Zufriedenheit, Kritik und Vorschläge abfragen konnten. Das Ergebnis: Es sind 90% wirklich sehr positive Rückmeldungen. Für uns bedeutet das: Die Kinder haben Spaß an den Angeboten. Sie erkennen einen Mehrwert darin, bleiben dafür gerne auch länger in der Schule und wir haben die richtigen Kooperationspartner gefunden.

Haben diese positiven Ergebnisse auch Einfluss auf das Kollegium?

Auf jeden Fall! Auch an dieser Stelle gab es – was ganz normal ist – anfangs einige Bedenken, Ängste und auch Ablehnungen. Inzwischen sind aber alle überzeugt, dass sich diese Veränderung grundsätzlich positiv auf den Schulalltag und unsere Schulkultur auswirkt. Dass wir damit einen richtigen und wichtigen Weg zur Schule als moderne Lebens- und Lernwelt gehen, zeigt uns
auch, dass andere Schulen jetzt auf uns zukommen und fragen, wie wir unsere Ganztagsangebote umsetzen. Und da wird auch wieder deutlich, dass der Austausch – nicht nur im Kollegium, sondern auch mit anderen Schulen – sehr wichtig ist, um erfolgreich Schulentwicklung betreiben zu können. 

Und Sie haben noch ein besonderes „Ass“ für Ihre zehnten Klassen im Ärmel – Stichwort: Feuerwehr!

Oh ja, darauf sind wir ganz besonders stolz. Denn neben einer allgemeinen Feuerwehr-AG bieten wir für die zehnten Klassen eine 70-stündige Truppmannausbildung in Kooperation mit der Stadt an. Das ist der erste Ausbildungsgrad bei der Freiwilligen Feuerwehr. Das bedeutet, dass sie nach diesem Kurs ortsunabhängig eine anerkannte Grundausbildung erlangt haben, um sich deutschlandweit in einer Freiwilligen Feuerwehr engagieren zu können. Die Ausbildung besteht dabei aus den notwendigen Theorie- und Praxisanteilen sowie der Abschlussprüfung. Diese positive Erfahrung nehmen wir auch zum Anlass, dass wir uns künftig für die höheren Jahrgänge auch in den Ganztagsangeboten stärker in Richtung Berufsorientierung entwickeln wollen.

Herzlichen Dank für das Gespräch und die vielen Einblicke

sowie viel Erfolg bei der weiteren Entwicklung Ihrer Ganztagsschule!

Februar 2021